Anforderungen an betriebliches Eingliederungsmanagement BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06
Das BAG hat in diesem Urteil die Anforderungen an die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX im Rahmen einer personenbedingten Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen präzisiert.
In dem zu entscheidenden Fall ging es um einen zu 30 % schwerbehinderten Maschinenbediener. Seit März 2002 war er wegen eines Rückenleidens durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte daraufhin die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 29.10.2004 fristgemäß. Der Kläger hat sich mit seiner Klage gegen diese Kündigung gewandt und geltend gemacht, bei entsprechender Ausstattung seines Arbeitsplatzes sei sein Einsatz als Maschinenbediener weiterhin möglich. Das Unternehmen hätte ihn durch eine Umgestaltung anderer Arbeitsplätze auch anderweitig einsetzen können. Hierzu sei es auf Grund des betrieblichen Eingliederungsmanagements verpflichtet gewesen. Das BAG hat den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung, insbesondere zur Klärung, ob ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden ist bzw. durch eine zumutbare Umgestaltung der Betriebsabläufe geschaffen werden könnte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das BAG führt aus: Ist ein Beschäftigter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und der Interessenvertretung zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus krankheitsbedingten Gründen, ohne zuvor dieses betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben, so führe dies nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der Kündigung. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX sei keine formelle Wirksam-keitsvoraussetzung für eine personenbedingte Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen. Die gesetzliche Regelung sei aber auch nicht nur ein bloßer Programmsatz, sondern Ausprägung des das Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Führt der Arbeitgeber kein betriebliches Eingliederungsmanagement durch, könne dies Folgen für die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Auswirkungen von erheblichen Fehlzeiten haben. Der Arbeitgeber könne sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihm seien keine alternativen, der Erkrankung angemessenen Einsatzmöglichkeiten bekannt.