Falsche Punktebewertung in Sozialauswahl – Ende der Domino-Theorie
Das Bundesarbeitsgericht änderte am 09.11.2006 seine Rechtsprechung zur Sozialauswahl. Auf Fehler, die dem Arbeitgeber bei der Anwendung eines Punktesystems unterlaufen, kann sich nur der direkt vom Fehler betroffenen Arbeitnehmer berufen, nicht dessen Kollegen.
Bei der betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber unter den vergleichbaren Arbeitnehmern eine Sozialauswahl durchzuführen. Der Arbeitgeber hat die zu kündigenden Arbeitnehmer innerhalb der vergleichbaren Arbeitnehmer nach sozialen Gesichtspunkten, nämlich Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und einer etwaigen Schwerbehinderung auszuwählen. Bei der Sozialauswahl darf der Arbeitgeber zur besseren Durchschaubarkeit seiner Auswahlentscheidung die sozialen Gesichtspunkte auch mit einem Punktesystem bewerten. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führte die falsche Bewertung eines einzelnen Arbeitnehmers anhand des Punktesystems zur Unwirksamkeit aller weiteren Kündigungen - auch dann, wenn die der Arbeitgeber die Bewertung der anderen Arbeitnehmer in der Sozialauswahl völlig fehlerfrei vorgenommen hatte.
Entfielen z.B. 50 von 500 Arbeitsplätzen, so waren bei Anwendung eines Punktesystems grundsätzlich die 50 Arbeitnehmer mit den geringsten Punktzahlen zu kündigen. Unterlief dem Arbeitgeber bei der Ermittlung der Punkte ein Fehler mit der Folge, dass auch nur einem einzigen Arbeitnehmer, der bei richtiger Ermittlung der Punktzahlen zur Kündigung angestanden hätte, nicht gekündigt wurde, so führte dieser Fehler der Sozialauswahl nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unwirksamkeit aller Kündigungen. Dies galt, obwohl bei fehlerfreier Erstellung der Rangfolge nur ein einzelner Arbeitnehmer von der Kündigungsliste zu nehmen gewesen wäre ("Domino-Theorie").