Auflockerung des Kopplungsverbotes

 

Zum Ende der 90iger Jahre schlug ein Architekt dem späteren Erwerber ein Grundstück vor, welches für die Pläne der Bebauung des Erwerbers und späteren Bauherrn geeignet war. Der Architekt verhandelte hiernach - für den Eigentümer des Grundstücks - mit dem Erwerber, wobei es im Zuge dieser Verhandlungen dann zum Abschluss des Kaufvertrages über das Grundstück kam.

 

Mit dem Architekten selbst wurde im Zusammenhang mit den Verhandlungen ein Architektenvertrag geschlossen, wonach der Architekt für die Bebauung des Grundstückes mit den Leistungsphasen 1 - 9 nach § 15 Abs. 2 HOAI beauftragt wurde. Dieser Auftrag war dem Architekten bereits schon während der Grundstücksfindungsphase in Aussicht gestellt worden.

 

Aufgrund von Divergenzen kam es zur Kündigung des Architektenvertrages. Der Erwerber nahm von der Bebauung des Grundstücks Abstand.

 

Forderungen des Architekten auf Zahlung von Architektenhonorar lehnte der Erwerber mit Verweis auf eine Nichtigkeit des Architekten-vertrages wegen Verstoß gegen das Kopplungsverbot nach Artikel 10 § 3 MRVG ab, so dass der Architekt auf Vergütung klagte.

 

Während sich das Landgericht Wuppertal bzw. das Oberlandesgericht Düssel-dorf der Rechtsmeinung des Beklagten Erwerbers anschlossen, vertrat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 25.09.2008, AZ: VII ZR 174/07 eine ander-weitige Rechtsauffassung:

 

Das Kopplungsverbot nach Artikel 10 § 3 MRGV wurde - so der BGH - bisher sehr weit ausgelegt. Ein Vertrag war nach der alten Rechtssprechung bereits dann nichtig, wenn der Erwerb ei-nes Grundstückes ohne Inanspruchnahme von bestimmten Architektenleistungen nicht möglich war. Dies galt auch dann, wenn ein Architekt alleine den Nachweis eines zum Verkauf stehenden Baugrundstücks von der Verpflichtung des Interessenten zur Erteilung eines entsprechenden Auftrages abhängig machte.

 

Inwieweit allerdings eine derart weite Auffassung unter Berücksichtigung des Gesetzeszweckes jetzt noch tragend wäre, stellte der BGH in seiner Entscheidung nunmehr in Zweifel.

 

Eine zu weite Auslegung des Kopplungsverbotes würde in den Konflikt mit Artikel 12 Abs. 1 GG treten, nämlich hier der garantierten Berufsfreiheit. Vor diesem Hintergrund wäre dann jedenfalls der Anwendungsbereich des Kopplungsverbotes dann nicht eröffnet, wenn der Erwerber des Grundstücks den Architekten selbst veranlasst hat, ihm dieses zu vermitteln, und gleichzeitig die Beauftragung mit Architektenleistungen in Aussicht gestellt hat.

 

Mit vorstehender Entscheidung bricht der BGH die alte und verkrustete, noch in Bezug auf ein Gesetz aus dem Jahre 1971 entwickelte Rechtssprechung auf.

 

Der gesetzlich gewährte Schutz eines Verbrauchers nicht in die Zwangslage zu geraten nur deshalb einen Architekten zu beauftragen, weil er ein Grundstück erwerben möchte, wird insoweit nunmehr durch den BGH dann in Frage gestellt, wenn sich der Erwerber durch ein eigenständiges Angebot an den Architekten dieses Schutzes begeben hat.

 

Unter Berücksichtigung der im Übrigen zu sehenden verbraucherfreundlichen Rechtssprechung (nichts anderes ist auch das Kopplungsverbot) ist diese Entscheidung sehr mutig, denn sie legt dem einzelnen für seine Handlungen nunmehr wiederum mehr Verantwortung auf, als es im Übrigen der Verbraucherschutz bis dato tat.

 

In der Praxis sollte unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH`s also von Architektenseite tunlichst darauf geachtet werden, dass, sollte sich (der seltene Fall) einer Gefahr des Verstoßes gegen das Kopplungsverbot ergeben, das freiwillige Angebot des Erwerbers/Auftraggebers schriftsätzlich dokumentiert wird, vermöge dessen ein Architektenauftrag zur Bebauung eines Grundstückes in späterer Zeit in Aussicht gestellt wird.

 

 
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