Bestreiten mit Nichtwissen im Prozess ggf. unzulässig

 

Regelmäßig in Bauprozessen zu beobachten ist der Umstand, dass behauptete Mängel des Bauauftraggebers (nachfolgend AG genannt) durch den Auftragnehmer (nachfolgend AN genannt) bestritten werden, ohne dass der AN durch beispielsweise Objektbesichtigungen das Vorhandensein eines Mangels prüft. Ein derartiges Bestreiten wird in der Zivilprozessordnung als „Bestreiten mit Nichtwissen“ bezeichnet. Paart sich ein solches Bestreiten mit der Nichtvornahme von Prüfpflichten im Zusammenhang mit Rügen von Mängeln, kann dies allerdings für den AN schwerwiegende Folgen haben, wie ein erst jetzt veröffentlichtes Urteil des OLG Brandenburg vom 03.04.2008 beweist. In dem zu entscheidenden Fall hatte der AN an Fassaden mehrerer Häuser Putzarbeiten durchgeführt. Nach Abnahme zeigten sich neuerliche Mängel, die allerdings vom AN nicht akzeptiert wurden. In dem auf Kostenvorschuss durch den AG geführten Prozess bestritt der AN nun – ohne die Mangelbehauptung zu prüfen - die aufgetretenen Putzschäden mit Nichtwissen und rügte gleichzeitig, dass die geltend gemachten Kosten der Mängelbeseitigung überhöht seien. Sein Bestreiten mit Nichtwissen gereichte dem AG in Ansehung der Entscheidung des OLG Brandenburg (AZ. 12 U 162/07) allerdings ganz erheblich zum Nachteil. Sein Bestreiten, so das Gericht, wäre unzulässig. Denn das Bestreiten mit Nichtwissen dürfe nach der gesetzlichen Konstruktion (§ 138 ZPO) nur dann zulässigerweise erfolgen, wenn Tatsachen bestritten werden, die weder auf eigene Handlungen oder Gegenstand eigener Wahrnehmung sein könnten. Für den AG bestünde allerdings im Rahmen der Baumängel eine Informationspflicht, wenn solche Tatsachen berührt wären, zu den er sich in zumutbarer Form Kenntnis verschaffen könnte. Gerade der Bauunternehmer wäre verpflichtet Informationen zu solchen Tatsachen einzuholen, die unter seiner Anleitung beaufsichtigt oder verantwortet wurden. Da eine Prüfung hier unterlassen wurde, war ein Bestreiten mit Nichtwissen hiernach prozessrechtlich unbeachtlich. Da der AG im Zusammenhang mit der Klage auch lediglich Pauschal die Kosten der Mängelbeseitigung als überhöht bestritten hatte, wurde er antragsgemäß durch das Gericht verurteilt. FAZIT: Das Bestreiten mit Nichtwissen kann - als typischer Reflex von Bauhandwerkern - also fatale Folgen haben. Dies, wenngleich in der Instanzenrechtssprechung auch heute noch beobachtet wird, dass ein derartiges Bestreiten oft anstandslos hingenommen wird. Wird diese Entscheidung des OLG Brandenburg konsequent eingehalten, so erschließt sich mit Blick auf die Praxis, dass wohl in einer nicht unerheblichen Zahl von Fälle die isolierte Frage einer Mangelbehaftetheit (bei optisch klarer Erkennbarkeit) prozessrechtlich weniger relevant wird. Denn ein Putzriss wird durch das reine Leugnen der Tatsache nicht verschlossen, ein feuchter Sockelbereich durch das reine Bestreiten nicht trockener. Hier wird für den Prozess dann wesentlich relevanter die Frage der Verantwortlichkeit und die Frage der Höhe der Mängelbeseitigungskosten. Dem Bauhandwerker ist also geraten, spätestens im Prozess und vor dem Bestreiten von Mängel, einen Ortstermin am Objekt des Baus vorzunehmen.

 

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