Prüfpflicht des Auftragnehmers bei vom Auftraggeber gelieferten Werkstoffen
Die Auftraggeberin (nachfolgend AG genannt) beauftragte in ihrer Eigenschaft als Generalunternehmerin ein Bauunternehmen (nachfolgend AN genannt) mit der Errichtung eines Objektes. Die AG – ein fachkundiges Unternehmen – kam mit dem AN überein, den notwendigen Beton selbst anzuliefern. Einige Jahre nach Abnahme des Werkes zeigten sich Schäden im Betonbild, welche auf die Qualität des Betons zurückzuführen waren und unter Beachtung der einschlägigen DIN-Normen nicht aufgetreten wären.
Aufgrund der Schädigung im Beton musste das Bauwerk umfänglich saniert werden, wobei die AG gegenüber dem AN den Ersatz der Sanierungskosten verlangte.
Das OLG Hamm wies diesen Anspruch in seiner Entscheidung vom 27.10.2006 (Az: 12 U 47/06 [Nichtzulassungsbeschwerde der Revision zurück-gewiesen durch den BGH am 29.01.2009, Az: VII ZR 227/06]) den Schadenersatzanspruch zurück.
Da die AG den Beton selbst angeliefert hatte, war sie nach Ansicht des OLG Hamm auch für die Qualität des Betons verantwortlich. Als Fachunternehmen hätte sie die einschlägigen DIN-Normen beachten müssen. Zwar hätte der AN ebenfalls in Bezug auf die Baustoffe eine Untersuchungspflicht, die sich allerdings im konkreten Fall lediglich auf eine bloße Sichtkontrolle beschränkt hätten. Zu mehr als einer Sichtkontrolle wäre der AN aufgrund der eigenen Sachkunde der AG nicht verpflichtet gewesen.
Fazit:
Grundsätzlich gilt, dass auch dann, wenn der AG Baumaterialien zur Verfügung stellt, der AN eine Prüfungs- und Hinweispflicht hat. Insoweit wird nach § 4 Nr. 3 VOB/B eine Verletzung dieser Prüf- und Hinweispflicht auch mit entsprechenden Schadenersatzansprüchen sanktioniert.
Das reine Verlassen auf die Fachkundigkeit des die Baustoffe liefernden AG’s kann hiernach kostenträchtige Folgen nach sich ziehen. Hätten im vorliegenden Fall die Parteien in Ansehung der umfassenden Lieferungen der AG bezüglich der Baustoffe bereits in ihren Verträgen konkrete Absprachen getroffen, so wäre es wohl zu dem vorliegenden Prozess gar nicht erst gekommen. Insoweit ist zur Streitvermeidung in Fällen der Baustofflieferung eines AG’s anzuraten, den Umfang der Prüfpflichten des die Werkstoffe zur weiteren Verarbeitung erhaltenden Unternehmen vorher vertraglich zu klären.