Zu Geschwindigkeitsmessungen mit Videoaufzeichnung
Im August 2009 erregte eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – nicht nur bei Autofahrern – große Aufmerksamkeit. Das höchste deutsche Gericht hatte anhand eines Falles aus Mecklenburg-Vorpommern entschieden, dass verdachtsunabhängige Geschwindigkeitsmessungen mittels Videoaufzeichnung mangels gesetzlicher Grundlage das Recht auf informationelle Selbstbestimmung unzulässig einschränken. Bis dahin hatte kein Bundesland ein entsprechendes Gesetz erlassen, allenfalls waren Erlasse der jeweilig zuständigen Ministerien in der Welt.
Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings nicht entschieden, was mit den ausgesprochen Bußgeldern geschieht und die Entscheidung an die ordentlichen Gerichte zurückverwiesen. Hierzu werden nun interessante Entscheidungen publik.
Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 22.10.2009 (Az. 4 Ss OWi 800/09) entschieden, dass eine Geschwindigkeitsmessung mittels Videoaufzeichnung bei Benutzung des Systems VKS 3.1 der Firma Vidit zulässig ist. Dies wird damit begründet, dass eine permanente Aufzeichnung personenbezogener Daten nicht stattfindet. Vielmehr werde mit einer automatischen Verstoßvorselektierung gearbeitet, sodass Bilder der Identifizierungskamera nur dann gespeichert werden, wenn vorher ein Verkehrsverstoß erkannt wird. Hier sieht das Gericht § 24 StVG, §§ 4, 49 StVO, §§ 53, 46 OWiG in Verbindung mit § 100h StPO als Eingriffsgrundlagen an.
Anders sieht es das OLG Oldenburg in seinem Beschluß vom 27.11.2009 (Az. Ss Bs 186/09). In dem dortigen Fall war das System VKS 3.0 im Einsatz, welches nicht über eine Verstoßvorselektierung verfügt. Hier erkannte das Gericht ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der so erlangten Bilder beziehungsweise Filme.
Schließlich entschied das OLG Stuttgart am 29.01.2010 (Az. 4 Ss 1525/09), dass das Video-Brücken-Abstandmessfahren ViBrAM-BAMA zulässig sein. Hier werde lediglich im Einzelfall und bei Verdacht eines Verstoßes durch einen anwesenden Polizeibeamten die Identifizierungskamera ausgelöst.
Fazit: „Augen auf im Straßenverkehr“ – dieser Grundsatz gilt nun auch bei der Bewertung einzelner Bußgeldverfahren. Es kommt auf das bei der Messung angewandte Verfahren an. Ein genauer Blick darauf kann sich lohnen.