Insolvenz des Sondereigentums - Absonderungsrecht der WEG

 

1.

Nicht selten kommt es vor, dass ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft den Gang zum Insolvenzgericht sucht. Dann fallen Wohngelder aus, wobei insbesondere bei selbstnutzenden Wohneigentümern in der Verbraucherinsolvenz die Problematik besteht, dass der Insolvenzverwalter keine Gelder (insolvenzrechtlich Masse genannt) zur Verfügung hat, um die laufenden Wohngeldbeiträge bedienen zu können.

 

Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 21.07.2011 (Az: IX ZR 120/10) war in solchen Fällen die Wohnungseigentümergemeinschaft mehr als hilflos und musste die Ausfälle des insolventen Sondereigentümers mit Hilfe der übrigen Eigentümer kompensieren.

 

Besteht in der Situation, in der der insolvente Wohnungseigentümer die Liegenschaft selber nutzt, zwar zugunsten der WEG auch in der Insolvenz das Recht eine Versorgungssperre zu verhängen (OLG Dresden, Beschluss vom 12.06.2007, Az: 3 W 82/07), so blieb die Situation gleichwohl für die übrigen Eigentümer ärgerlich und mitunter auch schwer verständlich.

 

Gerade wegen Forderungen, die vor der Insolvenz entstanden und durch den betroffenen Sondereigentümer nicht gezahlt wurden, zeigt allerdings jetzt das angeführte Urteil des BGH eine Lösungsmöglichkeit auf, entweder ausstehende Gelder zu erhalten, respektive die mögliche Situation durch eine Zwangsversteigerung zu lösen.

 

 

2.

Die vor Eröffnung der Insolvenz fällig gewordenen Wohngeldforderungen sind Insolvenzforderungen.

 

Die nach der Insolvenzeröffnung fällig werdenden Wohngeldansprüche sind dagegen Masseschulden, die der Insolvenzverwalter zu zahlen hat. Ist er zur Zahlung der Masseschuld nicht imstande und erklärt er die Masseunzulänglichkeit, so kann die WEG weder diese Forderungen durch Klage einfordern, noch hierzu in die Masse vollstrecken.

 

Die Insolvenzforderungen (= vor Insolvenz nicht gezahlten Wohngeldbeiträge) – so der BGH – sind aber nun in dem Umfange, in dem sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG bevorrechtigte Forderungen darstellen, auch solche Ansprüche, vermöge dessen der WEG ein Absonderungsrecht aus § 49 Insolvenzordnung zusteht.

 

Dieses Absonderungsrecht wird in der Insolvenz u.a. auch durch Duldung der Zwangsversteigerung der die Wohngeldaußenstände verursachenden Sondereigentumseinheit geltend gemacht.

 

Nicht notwendig ist dabei, dass die WEG die Insolvenzforderungen (= vor der Insolvenz entstandene Forderungen) bereits tituliert hat.

 

Die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 2, Abs. 3 ZVG sind insoweit durch die klagende WEG im Verfahrung auf Duldung der Zwangsversteigerung darzulegen und zu beweisen, wobei es eines Urteils, wie es § 10 Abs. 3 ZVG vorsieht, nicht bedarf.

 

 

3.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen und stärkt die Rechte der WEG.

 

Verloren geglaubte Forderungen – an sich auch die schwächsten Forderungen im Rahmen einer Insolvenz – ermöglichen es nun, Ausfälle die durch längere Insolvenzen entstehen, auch im Frühstadium von Insolvenzverfahren aktiv zu vermeiden zu versuchen. Nach unserer Erfahrung ist auch nicht anzunehmen, dass bei einer Vielzahl von Insolvenzen die Insolvenzverwalter sich bei dieser Rechtslage lange mit der Angelegenheit aufhalten. Hier steht – so die Hoffnung – zu erwarten, dass bei Geltendmachung der Absonderungsrechte entweder zeitnah die Zustimmung des Insolvenzverwalters zur Duldung der Zwangsversteigerung erfolgt oder aber sogar die Liegenschaft aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben wird.

 

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siehe auch Mitteilung 2008

siehe auch Mitteilung 2007