Keine verschuldensunabhängige Haftung der WEG gegenüber Sondereigentümern

1.

Oft genug bewirken Mängel aus dem Gemeinschaftseigentum Mängel am Sondereigentum. Der hiervon – meist überraschte – Sondereigentümer erleidet hierdurch Schäden in Form von Sanierungskosten und vergegenwärtigt nicht selten Mietausfallschäden aufgrund von Minderungen durch Mieter. Der Sondereigentümer, der sich für diese Umstände nun nicht in der Verantwortung sieht, versucht nicht selten diese Schäden dann an die Wohnungseigentümergemeinschaft weiterzuleiten und um Schadenskompensation nachzusuchen.

 

So war es auch in einem Fall, den der BGH im Mai 2010 beschied.

 

Im Sondereigentum zeigten sich Wasserschäden im Bereich der Decke aufgrund eines vermuteten Schadens am Regenrohr. Das Regenrohr wurde repariert, wobei gleichwohl weitere Wassereinbrüche eintraten, bis man endlich einen Konstruktionsfehler in einem Tür – Fenster - Element als Ursache für den Wassereintritt erkannte.

 

Der Sondereigentümer begehrte die Erstattung der Kosten für die Instandsetzung sowie Mietminderung und Mietausfallschäden von der WEG.

 

2.

Der Sondereigentümer scheiterte mit seinen Ansprüchen in allen Instanzen, wobei auch der BGH in seiner Entscheidung vom 21.05.2010, Az. V ZR 10/10, eine Verurteilung der WEG ablehnte.

 

Aufgrund der durch die WEG eingeleiteten Maßnahmen zur Feststellung des Mangels und aufgrund der Reparaturversuche, konnte der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Verschulden in Bezug auf die Einwirkungen in die Liegenschaft durch die Wassereinbrücke nicht unterstellt werden.

 

Eine verschuldensunabhängige Haftung, wie sie § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB im Nachbarrecht normiert ist, wäre im Bereich des Wohnungseigentumsrechts weder direkt noch analog denkbar.

 

§ 906 BGB sähe in seiner Intension einen Innenausgleich der Nachbarn für eine sachgerechte Nutzung des Grundstücks vor und sei Ausfluss einer gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis.  

An diesem Kriterium fehle es aber innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Anders als im Regelungsbereich des § 906 BGB, in dem jeweils einzelne Grundstücke betrachtet würden, würde die Frage der ordnungsgemäßen Nutzung und Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums im Interesse aller Miteigentümer liegen, so dass bzgl. der Nutzung des Gemeinschaftseigentums (anders als im Regelungsbereich des § 906 BGB) bei den Wohnungseigentümern sich keine widerstreitenden Interessen gegenüberstehen würden.

 

Die Beeinträchtigung des Sondereigentums beruhe vielmehr allein aufgrund eines Mangels am im gemeinschaftlichen Eigentum, zu dessen Erhaltung alle Eigentümer verpflichtet seien.

 

Auf Grund des intendierten Regelungsbereichs des § 906 BGB heraus, verbot sich für den BGH insoweit dann auch eine analoge Anwendung der Norm auf das Wohnungseigentumsrecht, da eine im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung zu schließende Lücke nicht erkennbar war.

 

3.

Die Entscheidung des BGH bestätigt nunmehr die bereits seit Jahre auch bei den Obergerichten vertretene herrschende Rechtsauffassung, wonach eine verschuldensunabhängige Haftung der WEG für Schäden am Sondereigentum, bedingt aus Schäden am Gemeinschaftseigentum, nicht besteht (vgl. z.B. Kammergericht, Beschluss vom 21.05.1986, Az: 24 W 2333/85 oder OLG Köln, Beschluss vom 30.03.1998, Az: 16 Wx 20/98).

 

Der in die Richtung einer verschuldensunabhängigen Haftung tendierenden Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Stuttgart, respektive Landgerichts Bochum (= OLG Stuttgart, NJW 2006, 1744; LG Bochum, VersR 2004, 1454) erteilt der BGH hiernach eine Absage für das gemeinschaftliche Eigentum. Er ließ aber gleichwohl die Frage offen, ob eine analoge Anwendung des § 906 BGB für das Verhältnis der Eigentümer untereinander (= Sondereigentum betrifft Sondereigentum) möglich sei oder nicht.

 

Die Entscheidung des BGH ist insoweit als richtig zu bezeichnen, was allerdings nur bedingte Entspannung in der Auseinandersetzung zwischen Sondereigentümer und Wohnungseigentümergemeinschaft mit sich bringt.

 

Denn je nach gemeldeter Beeinträchtigung aus dem Gemeinschaftseigentum kann sich auch weiterhin die Wohnungseigentümergemeinschaft/Verwaltung nicht dazu hinreißen lassen, Meldungen von Schäden, die ihren Ursprung im Gemeinschaftseigentum haben sollen, nicht eigenständig zu untersuchen oder dem Sondereigentümer aufzugeben, er möge nachweisen, dass die Schäden auch wirklich aus dem Gemeinschaftseigentum stammen.

 

Denn insoweit unterliegt die Verwaltung der WEG einer eigenständigen Untersuchungspflicht des Gemeinschaftseigentums auf Mängel, wobei die Verwaltung insoweit auch Hinweisen und Meldungen von Eigentümern und Nutzern in Bezug auf etwaige Fehlerhaftigkeiten des Gemeinschaftseigentums nachgehen muss.

Selbst wenn in diesem Falle eine Kompetenz i.S.d. § 27 WEG zur Sachverständigenbeauftragung durch die Verwaltung ohne Beschluss der WEG nicht besteht  (so OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.05.2009, Az: 20 W 115/06), so muss jedenfalls bei einem Mangelverdacht eine Überprüfung erfolgen und ggf. sogar eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen werden in der über die weiteren Maßnahmen zur Mangelabstellung entschieden wird.