Klagebegründungsfrist nach § 46 Abs. 1 WEG als materielle Ausschlussfrist
Vor Novellierung des WEG’s gab es im Rahmen der Anfechtungs-klagen lediglich eine Frist. Gegen die Wirksamkeit von Beschlüssen konnte sich der Wohnungseigentümer nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG a. F. binnen Monatsfrist nach Beschluss-fassung mittels Anfechtung bei Gericht der Wirkung von Beschlüssen erwehren.
Nach der Novellierung des WEG’s bleibt es zwar bei der Anfechtungsfrist von einem Monat, wobei allerdings binnen einer weiteren Frist von einem Monat die Anfechtung zu begründen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG).
Aufgrund dieser doppelten Fristen im neuen Wohnungs-eigentumsrecht stellte sich nunmehr die Frage, ob der Anfechtungskläger – wie im alten Recht noch möglich – im laufenden Prozess, ohne auf das zeitliche Moment zu achten, Begründungen einbringen konnte, die seine Anfechtung stützten oder aber ob mit Ablauf der zweiten Frist (der Begründungsfrist) dem Anfechtungskläger nach neuem Recht nunmehr ein (dann) Nachschieben von Begründungen verwehrt sei.
In seiner Entscheidung vom 21.01.2009, Az: V ZR 74/08, entschied sich der BGH für letzteren Aspekt.
Nach Ansicht des BGH’s stellt die im Gesetz geregelte zweite Frist (die Begründungsfrist) eine materiell rechtliche Ausschlussfrist dar. Diese Frist – so der BGH – wäre auch nicht verlängerbar. Folge hieraus ist, dass ein Gericht nur den Sachvortrag für die Beurteilung der Anfechtbarkeit eines Beschlusses zugrunde legen darf, der innerhalb der Begründungsfrist vorgetragen wurde. Bei fehlender oder auch lückenhafter Begründung ist damit die Klage in der Regel als unbegründet abzuweisen.
Fazit:
Mit dieser Entscheidung gewinnt die Anfechtungsklage eine neue Qualität. Der WEG-Beschlüsse anfechtende Sondereigentümer muß insoweit also umfänglich vortragen und von vornherein „alle Karten auf den Tisch legen“, um sich der nachteiligen Wirkung der materiellen Ausschlussfrist nicht auszusetzen.
Damit löst sich die Anfechtungsklage in Bezug auf die materielle Begründung auch von den übrigen Klage der Zivilprozessordnung ab, da ja in der Regel die Prozessförderungspflicht nach der Zivilprozessordnung dem Kläger, ebenso wie dem Beklagten, lediglich die Pflicht auferlegt, nach dem jeweiligen Sach- und Streitstand alles Erforderliche vorzutragen, was seinen Anspruch stützt bzw. was der Klageverteidigung dient. Damit ist im normalen Zivilprozess auch die Möglichkeit eröffnet, gewichtige Umstände (bis zur mündlichen Verhandlung auf die die Entscheidung des Gerichts folgt) zurückzuhalten, um sie erst in einem späteren Stadium des Verfahrens nutzen zu können. Gleichzeitig bewirkt die Entscheidung des BGH’s selbstverständlich eine verschärfte Haftung eines möglicherweise beauftragten Anwaltes, der sich im Falle der Anfechtungsklage von sonst gewohnten Prozessstrategien verabschieden muß.