Leistungspflichten durch Beschluss ?

 

1.

Oft genug gibt es zwischen einzelnen Eigentümern und der Mehrheit der Eigentümern Streitigkeiten in Bezug auf Verpflichtungen, die der Einzelne vornehmen soll.

 

So stört der im Sondernutzungsbereich gebaute Zaun oder der zusätzlich eingebaute Heizkörper. Einzelne Eigentümer, die Schäden im Anwesen verursacht haben, weigern sich diese freiwillig zu zahlen oder aber montierte Markisen werden nicht zurückgebaut.

 

In dieser Situation stellt sich dann die Frage, inwieweit die Wohnungseigentümergemeinschaft mittels Beschluss einen einzelnen Eigentümer zu Handlungen verpflichten kann und – alleine gestützt auf einen solchen bestandskräftigen und unangefochtenen Beschluss – gegenüber dem Eigentümer erfolgreich gerichtlich vorgehen kann.

 

Eine derartige Möglichkeit bejahte das OLG Köln (NZM 2003, 812, 806), das OLG Hamburg (ZMR 2003, 447) sowie das BayOLG in einer Entscheidung vom 15.01.2003 (NZM 2003, 239).

 

Teile der Literatur, wie aber auch Teile der Rechtssprechung (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05.06.2007, AZ: 3 W 98/07) negierten eine derartige Möglichkeit.

 

2.

Mit seiner Entscheidung vom 18.06.2010, AZ: V ZR 193/09 schaffte nunmehr der Bundesgerichtshof Klarheit zu dieser Frage.

 

In dem zu entscheidenden Fall hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft die Verpflichtung eines Sondereigentümers zum Rückbau einer von diesem ohne Genehmigung errichtete Garagenbox beschlossen und alleine auf diesen Beschluss gestützt, ihren Anspruch auf Verpflichtung zum Rückbau geltend gemacht.

 

Während die Instanzengerichte dem Anspruch der WEG stattgaben, entschied der BGH letztinstanzlich zugunsten des Eigentümers.

 

Nach Aussage des BGHs kann eine Leistungspflicht aus den Regelungsbereichen der §§ §§ 15, 21, 22 WEG (außer Beitragszahlungen) gegen den Willen des Schuldners durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht konstitutiv begründet werden.

 

Denn aus der Kompetenz bei Angelegenheiten zum Gebrauch,  der Verwaltung und der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums Mehrheitsbeschlüsse zu fassen, folge nicht die Kompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft Leistungspflichten einzelner Wohnungseigentümer verbindlich zu beschließen.

 

Beschlüsse der WEG, die Entsprechendes beinhalten, seien – so der BGH – nichtig.

 

3.

Die Entscheidung des BGHs muss im Ergebnis als richtig betrachtet werden.

 

Bereits geklärt ist, dass Beschlüsse zur tätigen Mithilfe der Eigentümer bei der Unterhaltung des Anwesens (z.B. in Form der Gartenpflege; Mithilfe bei Instandsetzungsarbeiten, etc.) wegen des im Grundgesetz verankerten Verbots zur „Zwangsarbeit“ nichtig waren.

 

Soweit das Gesetz also keine Möglichkeiten für die Verpflichtung einzelner Eigentümer durch Beschluss regelt, kann eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Verpflichtungen eines Einzelnen nicht wirksam beschließen oder aus einem solchen bestandskräftigen Beschluss Leistungspflichten verlangen. Die andere Ansicht bedeutet nämlich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft abweichend der gesetzlichen Regelungen eigenständig im Einzelfall rechtsetzend tätig würde.

 

Unbeschadet dessen, das also bereits nach der Gesetzeslage hier Kompetenzen nicht bestehen, würde eine anderweitige Betrachtung auch eine Verkürzung des Rechtsschutzes einzelner Eigentümer nach sich ziehen. Denn würde man eine Beschlusskompetenz mit entsprechenden Auswirkungen bejahen, so wäre Folge hieraus, dass lediglich binnen der Anfechtungsfrist von 1 Monat ein Sondereigentümer gegen die ihn treffende Verpflichtung gerichtlich vorgehen müsste, verneinendenfalls er unabhängig einer inhaltlichen Prüfung der Beschlussinhalte zur Handlung verpflichtet wäre.

 

Folge der Entscheidung des BGHs ist hiernach, dass die WEG damit lediglich die Beschlusskompetenz hat und behält, wegen von ihr angenommener Ansprüche gegen einzelne Sondereigentümer aus den anspruchsbegründenden Normen des Zivilrechts vorzugehen und auch die gerichtliche Geltendmachung des Anspruches zu beschließen.