werdende Wohnungseigentümergemeinschaft
1.
Bisher war uns in der
Behandlung von Ersterwerbern vom Bauträger klar, das auf diese das WEG anzuwenden ist, wenn:
- ein wirksamer Erwerbsvertrag geschlossen wurde,
- die Auflassungsvormerkung eingetragen war
- und Besitz- Nutzen- Lasten an den Erwerber übergegangen waren.
Man sprach in einem solchen Falle von "werdender
Eigentümergemeinschaft".
Wurde bei Existenz einer solchen "werdenden Gemeinschaft" ein Erwerber neben
dem teilenden Eigentümer als Eigentümer im Grundbuch aufgelassen, dann vollzog sich der Schritt zu einer "entstandenen Wohneigentümergemeinschaft". Mitglied dieser waren die, die vorher Mitglied
der "werdenden Gemeinschaft" waren, wie auch die im Grundbuch ersichtlichen Eigentümer.
Mit dem Entstehen der WEG, konnte Mitglied der Gemeinschaft nur der werden,
der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde (so die herrschende Meinung bis jetzt).
Auf die Mitglieder der "werdenden Gemeinschaft" bzw. der später entstandenden
Wohnungseigentümergemeinschaft, wird das WEG angewandt. Die Mitglieder sind also nach dem Wohnungseigentumsrecht verpflichtet und berechtigt.
2.
Mit der Entscheidung des BGH vom 11.05.2012, AZ V ZR
196/11 hat sich nun an den Grundsätzen der "werdenden Gemeinschaft" insoweit eine Veränderung eingestellt, als dass nunmehr die obigen Kriterien, wann die Mitgliedschaft beginnt, zusammen
geschmolzen sind und sich im Zweifel nur noch auf zwei Punkte konzentrieren.
Diese Punkte sind:
- ein wirksamer Erwerbsvertrag wurde vor der Entstehung der WEG (= mindestens zwei Eigentümer sind im Grundbuch ersichtlich) geschlossen und
- Besitz- Nutzen- Lasten und Auflassungvormerkung werden (irgendwann) in zeitlicher Nähe (wie Nah ist unbekannt) zur Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft (= mindestens zwei Eigentümer sind im Grundbuch ersichtlich) übertragen / eingetragen.
Bereits in einer früheren Entscheidung Beschluss vom 5.6.2008 hatte der BGH angedeutet, dass für
einen gewissen Zeitraum auch diejenigen Ersterwerber, die eine gesicherte Erwerbsposition (wirksamer Kaufvertrag, Auflassungsvormerkung, Besitz-, Nutzen- Lastenübergang) erst nach der Entstehung
der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, als werdende
Wohnungseigentümer vorzeitig Rechte und Pflichten erwerben.
Welche zeitlichen Grenzen bei der Anwendung dieser Grundsätze der "werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft" bestehen, ließ der BGH jedoch seinerzeit
offen.
In der Literatur wurde hierzu u.a. vertreten, dass Erwerber mit einer gesicherten Erwerbsposition bis zur Veräußerung der letzten Einheit noch als "Ersterwerber" vorzeitig in die mitgliedschaftlichen Rechtspositionen eintreten können.
Der BGH greift diese Ansicht unter der Voraussetzung auf, dass der
Erwerbsvertrag bereits vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft abgeschlossen wurde. Wann die Eigentumsvormerkung in einem solchen Fall zur Eintragung gelangt und der
Besitz übergeben wird, sei unerheblich.
3.
Fazit der Entscheidung:
3.1.
Es wird problematischer ein Mitglied der "werdenden Gemeinschaft" zu identifizieren, wenn nur noch auf den
wirksamen Erwerbsvertrag abzustellen ist. Denn ein Anspruch der werdenden WEG auf Vorlage eines Kaufvertrages, den sie noch nicht einmal kennen muß, ist nicht erkennbar.
Auch wird die Nachweisführung im gerichtlichen Verfahren (z.B. auf Beitragszahlung) schwer fallen, Denn wie
will die werdende Gemeinschaft beweisen, dass Herr/Frau yxz Vertragspartner eines Bauträgers ist ?
Es ist also darauf zu achten, dass bei Übernahme der Verwaltung sich jedenfalls der Bauträger verbindlich
verpflichtet, bis zum Abverkauf der letzten Einheit, der werdenden WEG Auskunft über abgeschlossene Kaufverträge zu erteilen. Dies kann vertraglich bereits im notariellen Kaufvertrag der
einzelnen Eigentümer als Vertrag zugunsten Dritter (Dritter ist die werdende WEG) geschehen, oder aber in einem separaten Vertrag mit der werdenden WEG selbst und zwar nach Abschluss des
ersten Verkaufsvertrages.
Letzteres deshalb, da es mit Wegfall der Voraussetzung, die an die Übergabe von Besitz- Nutzen- Lasten
anknüpft, dann jedenfalls nach dem Wortlaut der Entscheidung des BGH nicht mehr darauf ankommen kann, ob das Objekt überhaupt schon gebaut ist, d.h. faktisch Sonder- und Gemeinschaftseigentum
überhaupt existent ist. Die werdende Gemeinschaft beginnt folglich mit Abschluss des ersten Kaufvertrages.
3.2.
Auch läßt die Entscheidung die Antwort auf die Frage offen, wie lange eine Person mit wirksamen Kaufvertrag als
Mitglied der werdenden Gemeinschaft zu behandeln ist und wann die Mitgliedschaftsrechte (z.B. weil keine Vormerkung oder Nutzungsüberlassung stattfinden) erlöschen.
Die weitere Frage bleibt ohne Antwort, ob ein solches denkbares Erlöschen von Mitlgliedschaftsrechten dann
nur für die Zukunft zu beachten ist, oder eine Rückwirkung eintritt.